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Ein Ergänzungsbetreuer kann bestellt werden, wenn der eigentliche gesetzliche Betreuer bestimmte Aufgaben nicht wahrnehmen darf, beispielsweise bei Interessenkonflikten. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich im Folgenden mit der durchaus interessanten Frage beschäftigen, ob eine solche Interessenkollision immer anzunehmen ist, wenn ein Betreuer gleichzeitig auch zum Testamentsvollstrecker berufen ist.
Im konkreten Fall stand eine Frau mit Morbus Down und einer mittelgradigen Intelligenzminderung seit vielen Jahren unter Betreuung. Nach dem Tod ihrer Mutter wurde ihre Schwester schließlich als neue gesetzliche Betreuerin eingesetzt. Diese aber war gleichzeitig auch Testamentsvollstreckerin im Nachlass der verstorbenen Mutter. Das von der Mutter errichtete Testament sah vor, dass die betreute Tochter Vorerbin und die Enkelkinder der nun betreuenden Tochter als Nacherben eingesetzt werden sollen. So wurde die Schwester und jetzige Betreuerin der Vorerbin zur Testamentsvollstreckerin benannt, während die Nichte (Tochter der betreuenden Schwester) zudem bei ihr im Haus wohnte und hierfür eine sehr niedrige Miete zahlte, die mit Pflegeleistungen verrechnet wurde. Das Amtsgericht (AG) sah in dieser Konstellation eine mögliche Interessenkollision bei der betreuenden Schwester und deren zusätzlichem Amt als Testamentsvollstreckerin im Nachlass der Mutter. Das AG ordnete die Einsetzung eines Ergänzungsbetreuers an.
Die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde war vor dem BGH erfolgreich, die Bestellung des Ergänzungsbetreuers wurde aufgehoben. Der Senat betonte, auch wenn die Schwester gleichzeitig Betreuerin, Testamentsvollstreckerin und zudem auch die Mutter der Nacherben sei, reiche dies nicht aus, automatisch einen Ergänzungspfleger bestellen zu müssen. Hierfür bedarf es vielmehr eines konkreten Hinweises auf Pflichtverletzungen der Betreuerin bzw. ein tatsächliches Risiko, dass die Interessen der betreuten Person beeinträchtigt werden. Die bloße Tatsache, dass jemand gleichzeitig Testamentsvollstreckerin und Betreuerin sei, rechtfertige nach Ansicht des BGH allein noch keine Ergänzungsbetreuung.
Hinweis: Bei bestehenden Interessenkonflikten kann gegebenenfalls eine Mitbetreuung nach Aufgabenbereichen angeordnet werden.
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(aus: Ausgabe 10/2025)
Ein Testamentsvollstrecker ist berechtigt, Verbindlichkeiten für den Nachlass einzugehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich ist. Der Erbe ist seinerseits verpflichtet, dazu seine Einwilligung zu erteilen. Zwar ist der Testamentsvollstrecker ein neutraler Nachlassverwalter und kein Interessenvertreter der Erben - dennoch obliegen ihm Prüfpflichten, um die Verwaltung des Nachlasses ordnungsgemäß gewährleisten zu können. Ob dies im Folgenden korrekt abgelaufen ist, musste das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) klären.
Ein Testamentsvollstrecker verkaufte im Jahr 2020 ein zum Nachlass gehörendes Hausgrundstück zu einem Preis von 90.000 EUR durch notariellen Kaufvertrag. Die Erbin erteilte hierzu zwar ihre Zustimmung, befand sich zu diesem Zeitpunkt aber aufgrund ihres Alters in einem körperlich schwachen Zustand. Ein später eingeholtes Sachverständigengutachten stellte fest, dass der tatsächliche Marktwert des Grundstücks bei 195.000 EUR lag. Als ihr klar wurde, dass der Verkauf deutlich unterhalb des Marktwerts erfolgt ist, verweigerte die Erbin die Herausgabe des Schlüssels und ließ sogar die Schlösser austauschen. Der Erwerber der Immobilie verlangte daraufhin die Herausgabe des Hauses.
Der Mann war mit diesem Herausgabeverlangen nicht erfolgreich, denn das OLG stellte klar, dass der Kaufvertrag sittenwidrig sei und der Kläger daher keinen Anspruch auf Übereignung des Hauses habe. Zwar könne ein Testamentsvollstrecker einen Nachlassgegenstand auch unter Wert verkaufen, sofern die Erbin dem Geschäft zustimme. Hierfür sei aber erforderlich, dass die Zustimmung frei erfolge und die Erbin ausreichend informiert wurde. Sofern eine Zustimmung aber unter sittenwidrigen Umständen eingeholt wird, kann dies zu einer Nichtigkeit des Vertrags führen. Das OLG stellte hierbei fest, dass ein grobes Missverhältnis zwischen dem Kaufpreis und dem tatsächlichen Wert der Immobilie vorlag. Der tatsächliche Preis lag unterhalb von 50 % des Marktwerts, was ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung darstellte. Zudem sei die Erbin aufgrund ihres Alters und ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung stark eingeschränkt gewesen. Sie selbst habe sich zunächst auf eine Preisvorstellung Dritter berufen, die es so tatsächlich nie gegeben hat. Der Testamentsvollstrecker habe sich ohne eine Prüfung auf diese Angaben der Erbin verlassen. Auch der Kläger hätte erkennen müssen, dass es ein grobes Missverhältnis zwischen dem Kaufpreis und dem tatsächlichen Marktwert gegeben habe. Ein Bemühen um eine eigene Bewertung habe es durch den Erwerber nicht gegeben.
Hinweis: Ein als sittenwidrig eingestufter Kaufvertrag macht die Eigentumsübertragung zwar nicht per se unwirksam. Wenn allerdings auch die Zustimmung zur Eigentumsübertragung unter sittenwidrigen Umständen erfolgt ist, führt dies auch zur Unwirksamkeit der Eigentumsübertragung selbst.
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(aus: Ausgabe 10/2025)
Im Grunde genommen hatte der Erblasser dieses Falls völlig Recht. Sein Stiefsohn war behindert, und der Mann wollte mit seiner letztwilligen Verfügung sicherstellen, dass es dem Sohn später an nichts fehle und dafür jene Person, die sich besonders gut um ihm kümmern würde, zu dessen Nacherbin werden solle. Erbrechtsinteressierte ahnen jedoch, dass hier etwas Entscheidendes fehlt - und so sah es auch das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG).
Der Erblasser hatte sein eigenhändiges Testament errichtet, den nichtehelichen behinderten Sohn der vorverstorbenen Ehefrau, der zu diesem Zeitpunkt unter Betreuung stand, zum Alleinerben eingesetzt und eine Dauertestamentsvollstreckung angeordnet. Im Testament hieß es unter anderem, dass nach dem Tod des Sohns diejenige Person erben solle, die "besonders gut mit dem Sohn" konnte. Und so kam es schließlich, dass die langjährige gesetzliche Betreuerin des Sohns nachvollziehbarerweise der Ansicht war, eben diese Person zu sein. Infolgedessen beantragte sie als Nacherbin einen entsprechenden Erbschein.
Das OLG entschied jedoch, dass die letztwillige Verfügung in diesem Punkt zu unbestimmt und daher rechtlich unwirksam sei. Ein Erblasser könne nach dem Willen des Gesetzgebers eine Verfügung nicht in der Weise treffen, dass ein anderer zu bestimmen habe, ob sie gelten solle oder nicht. Es reiche nicht aus, dass man lediglich der Ansicht ist, der Wille sei irgendwie erkennbar. Wer mit der Verfügung gemeint ist, muss objektiv und für jeden Außenstehenden klar nachvollziehbar sein. Nicht ausreichend war für das OLG ebenfalls, dass die Betreuerin über 26 Jahre für den Erblasser zuständig gewesen war und ein zweifellos gutes Verhältnis zwischen ihnen bestanden hatte. Denn diese Beziehung hatte einen beruflich-professionellen Hintergrund und lässt deshalb keinen zwingenden Rückschluss darauf zu, dass eine solche Person (die zudem auch nicht mit dem Sohn in einer Hausgemeinschaft lebte) mit der Formulierung in dem Testament gemeint gewesen sei. Diese Lücke in der letztwilligen Verfügung kann nicht durch eine Interpretation geschlossen werden.
Hinweis: Gerade bei der Einsetzung von Personen als Erben oder Vermächtnisnehmer ist darauf zu achten, dass diese hinreichend präzise benannt werden, idealerweise zumindest mit Namen.
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(aus: Ausgabe 10/2025)
Eine Erbengemeinschaft ist nicht rechtsfähig, kann somit auch nicht als eigenständige Rechtsperson auftreten, kein Konto eröffnen und auch nicht im eigenen Namen klagen oder verklagt werden. Rechtsinhaber sind immer die einzelnen Miterben gemeinsam - und diese müssen klar benannt sein. Dies führt in der Praxis häufig zu Problemen, wie auch der Fall des Landgerichts Lübeck (LG) zeigt.
Ein Mann klagte eine zivilrechtliche Forderung ein und war in erster Instanz damit auch erfolgreich - doch noch während des Berufungsverfahrens verstarb er. Seine Erben traten daher in den noch laufenden Prozess ein. Auch vor dem Oberlandesgericht hatte die Klage Erfolg, so dass die Beklagten zu zahlen hatten - und zwar nun "an die ungeteilte Erbengemeinschaft nach dem verstorbenen Kläger". Eben jene Erben beantragten daraufhin als Gläubiger dieses Anspruchs beim zuständigen Amtsgericht den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, um das Geld einzutreiben. Den Antrag lehnte das Gericht jedoch mit der Begründung ab, dass nicht eindeutig erkennbar sei, wer denn nun genau Gläubiger der Forderung sei.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde war beim LG erfolglos, denn es legte dar, dass ein Vollstreckungstitel stets klar und eindeutig sein müsse. Aus ihm muss sich ergeben, wer Gläubiger ist und wem die Zahlung zusteht. Dieses Erfordernis wird nicht erfüllt, wenn lediglich an eine "ungeteilte Erbengemeinschaft" geleistet werden soll, ohne dass die Mitglieder der Erbengemeinschaft namentlich benannt werden.
Hinweis: Das Gesetz erlaubt es einzelnen Miterben, eine zum Nachlass gehörende Forderung einzuklagen, dies aber immer nur im Namen aller Miterben. Der Miterbe kann auch immer nur Leistung an die gesamte Erbengemeinschaft geltend machen.
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(aus: Ausgabe 10/2025)
Mit der Errichtung eines neuen Testaments kann ein früheres Testament aufgehoben werden - muss es aber nicht. Gerichten wie im Folgenden dem Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) obliegt es bei Vorhandensein mehrerer Testamente, die einzelnen Versionen miteinander abzugleichen und zu prüfen, ob sie einander widersprechen und somit ersetzen, oder ob es mit einem aktualisierten Testament lediglich zu Teiländerungen durch Vermächtnisanordnungen gekommen ist.
Der im Jahr 2021 verstorbene Erblasser war verheiratet und hinterließ keine eigenen Kinder. Darüber hinaus hatte er noch zwei Geschwister, eine Schwester und einen Bruder, der kurz nach dem Erblasser verstarb. In einem notariellen Testament hatte der Erblasser seine Ehefrau zur Alleinerbin eingesetzt. Die Schwester des Erblassers wurde als Vermächtnisnehmerin für landwirtschaftliche Grundstücke und die Hälfte eines Kontoguthabens benannt. Die Ehefrau sollte sich zudem um die Beerdigungs- und Grabpflegekosten kümmern. In den Jahren 2014 und 2015 errichtete der Erblasser mehrere handschriftliche Testamente, in denen überwiegend die Grundstücke neu verteilt wurden. Die Grundstücke sollten an den Bruder und die Schwester des Erblassers gehen, die Ehefrau sollte ein lebenslanges Wohnrecht erhalten. Die Ehefrau war der Ansicht, dass sie auch nach der Errichtung der handschriftlichen Testamente Alleinerbin nach dem Erblasser geworden war, die Schwester vertrat die Ansicht, dass durch die nachfolgenden handschriftlichen Testamente die Erbfolge neu geregelt worden sei und die Schwester zusammen mit dem Bruder und der Ehefrau zu Erben berufen seien.
Dieser Ansicht schloss sich das OLG nicht an und entschied, dass die Ehefrau Alleinerbin geworden ist. Zunächst stellte das Gericht klar, dass ein handschriftliches Testament auch ein früheres notarielles Testament aufheben oder ändern könne, ohne dass dies ausdrücklich ausgesprochen wird. Notwendig hierbei ist, dass ein klarer Widerspruch oder Änderungswille auf Seiten des Erblassers erkennbar wird. Da ein ausdrücklicher Widerruf hier nicht erfolgt sei, kam es ausschließlich auf die Frage an, ob ein inhaltlicher Widerspruch der nachfolgenden Testamente zu dem notariellen Testament festgestellt werden konnte - und dies war nach Ansicht des OLG nicht der Fall. Ein Widerspruch liege nur dann vor, wenn sich die alte und die neue Regelung nicht miteinander vereinbaren ließen. Die späteren Testamente betrafen hier vor allem Grundstücke des Erblassers, nicht aber das Gesamtvermögen. Als erheblicher Teil des Vermögens existierte zudem auch ein Wertpapierdepot, das in den späteren Testamenten nicht erwähnt wurde, ebenso wenig gab es eine Neuregelung zu den Beerdigungs- und Grabpflegekosten. Dies führe nach Ansicht des Gerichts dazu, dass der Erblasser nur einzelne Dinge neu regeln wollte, nicht aber die gesamte Erbfolge. Da der Erblasser nur über einzelne Nachlassgegenstände eine neue Verfügung getroffen habe, handelte es sich nur um Teiländerungen durch Vermächtnisanordnungen. Das notarielle Testament blieb in seinem Kern hinsichtlich der Einsetzung der Ehefrau als Alleinerbin daher gültig.
Hinweis: Die Beweislast für das Vorliegen eines Widerrufs trägt derjenige, der sich auf die Aufhebung des Testaments beruft.
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(aus: Ausgabe 10/2025)
Wenn man sich scheiden lässt, bleibt die Verbundenheit in manchen Bereichen bestehen - so auch beim Schulvertrag der Kinder. Hat man den als noch verheiratetes Paar geschlossen, kann man ihn nach einer Scheidung auch nur gemeinsam kündigen. Ob sich daran etwas ändert, wenn ein Elternteil befürchtet, den Vertragspflichten nicht mehr ausreichend nachkommen zu können, musste das Oberlandesgericht Nürnberg (OLG) abwägen.
Noch verheiratet und in Ausübung der gemeinsamen Sorge hatten Eltern im eigenen Namen Schulverträge mit einer Privatschule abgeschlossen. Dann ließen sich die Eltern scheiden. Die Verantwortung für Schulangelegenheiten der beiden Kinder wurde gerichtlich dem Vater zur alleinigen Ausübung übertragen. Die Mutter wollte die beiden Schulverträge beenden, der Vater lehnte dies jedoch ab. Also beantragte die Mutter gerichtlich, dass die Verträge aufgelöst werden bzw. dass sie aus den Verträgen entlassen wird. Die Mutter wollte die Kinder gerne in eine Regelschule geben. Allgemein sei sie mit der Schule unzufrieden, auch die Kosten erdrückten sie. Der Vater und die Schule lehnten jedoch ab, die Mutter aus dem Vertrag zu entlassen. Der Vater befürchtete, dass man mit ihm allein keinen neuen Vertrag schließen werde, da die Schule befürchten könnte, er könnte die Kosten nicht alleine schultern.
Die Mutter scheiterte mit ihrem Einwand vor dem OLG. Sie habe schlichtweg keinen Anspruch auf Kündigung der Verträge. Sie müsse sich vielmehr mit dem Vater über deren Fortgeltung einigen. Sie müssen akzeptieren, hierbei als Gesamtschuldnerin verpflichtet zu sein, auch wenn sich das kostensteigernd für sie auswirkt. Wie die Eltern die Kosten unter sich aufteilen, haben sie unterhaltsrechtlich zu klären.
Hinweis: Verträge sind einzuhalten. Das gilt auch nach einer Scheidung. Die Eltern müssen hier eine gemeinsame Basis finden oder eben den Vertrag wie geschlossen erfüllen.
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(aus: Ausgabe 10/2025)
Auf allen Rechtsgebieten kommt es immer wieder zu Streit, weil Vereinbartes nicht konkret genug ausgestaltet wurde. Im hier behandelten Familienrechtsfall fehlte es bei einer Umgangsvereinbarung an einem klaren - auf den ersten Blick in Sachen Umgang unbedingt notwendigen - Detail. Doch dann warf das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) im dagegen gerichteten Beschwerdeverfahren das Kindeswohl in die Waagschale, und das zählt bekanntlich viel.
Vater und Mutter stritten im Beschwerdeverfahren über die Regelung des Umgangs des Vaters mit seiner siebenjährigen Tochter. Das Familiengericht hatte den Umgang des Vaters mit dem Kind für rund acht Monate ausgeschlossen. Dagegen richtete sich dessen Beschwerde. Im Anhörungstermin zur Beschwerde schlossen die Eltern schließlich eine Vereinbarung zum weiteren Umgang. Teilweise enthielt diese Vereinbarung aber keinen vollstreckbaren Inhalt; zum Beispiel fehlten ausdrücklich geregelte Umgangszeiten. Und besonders diese sollten grundsätzlich festgelegt werden, wenn man schon um den Umgang mit dem gemeinsamen Kind streitet. Oder etwa nicht?
Das OLG nahm die getroffene Einigung dennoch an und beendete damit das Beschwerdeverfahren. Der gerichtlichen Billigung stand nicht entgegen, dass die Vereinbarung teilweise keinen vollstreckbaren Inhalt hatte, denn im Umgangsrecht ist die gesetzliche Voraussetzung für die Billigung lediglich eine Kindeswohlprüfung - und eben jenes Kindeswohl wurde durch die getroffene Regelung nicht gefährdet. Es sei zudem anzunehmen, dass die Eltern sich über die Zeiten des Umgangs gesondert einigen, da das Jugendamt die Anbahnung der persönlichen Umgangskontakte weiterhin leiten werde.
Hinweis: Auch wenn das Gericht die Vereinbarung hier billigte, sollten Sie selbst Einigungen, die einvernehmlich zustande kommen, immer so konkret und detailliert wie möglich treffen. Erst dann können Sie das Vereinbarte im Streitfall auch einfach vollstrecken und/oder einklagen. Ohne konkrete Regelung ist dies nicht möglich. Sie können dem Vollstreckungsbeamten dann ja keinen gezielten Auftrag erteilen; er weiß dann schließlich nicht, was er vollstrecken soll.
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(aus: Ausgabe 10/2025)
Familien und deren Umgang mit ihren Kindern sind grundrechtlich geschützt. Aus diesem Grund können begleitete Umgänge grundsätzlich auch nur für sechs Monate angeordnet werden. Begleitete Umgänge für eine längere Zeit oder gar unbefristet sind nur bei vorliegender Kindeswohlgefährdung möglich. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) musste prüfen, ob diese Gefährdung zutrifft und vor allem nicht in absehbarer Zeit nachlassen werde.
Es ging um den Umgang zweier Kinder - das eine neun, das andere sechs Jahre alt. Die ukrainischen Eltern wurden in der Ukraine bereits geschieden. Die Mutter flüchtete schließlich vor dem Krieg mit den Kindern nach Deutschland. Der Vater hatte dem zugestimmt, blieb selbst aber in der Ukraine. Erst zwei Jahre später kam auch er nach Deutschland, nachdem er in der Zwischenzeit telefonisch Kontakt mit seinen Kindern gehalten hatte. Es entbrannte schließlich Streit um das Aufenthaltsbestimmungsrecht und die Gesundheitssorge der beiden. Die Mutter hatte Angst, dass der Vater die Kinder in die Ukraine rückführen wolle, zudem boykottierte er aus Glaubensgründen nötige Schutzimpfungen der Kinder. Im Umgangsverfahren einigte man sich schließlich darauf, dass der Vater die Kinder wöchentlich sehen dürfe - dies jedoch stets in Anwesenheit der Kindesmutter. Der Vater wollte hingegen einen unbegleiteten Umgang erreichen, zog dafür abermals vor Gericht und konnte dort immerhin einen Teilerfolg verbuchen.
Das OLG entschied, dass die begleiteten Umgänge zu befristen sind und für die Folgezeit unbegleitete Umgänge geregelt werden sollen. Die Anordnung begleiteter Umgänge sei zwar zu Recht erfolgt - diese seien aber zu befristen. Unbefristete Begleitung kann bei Kindeswohlgefährdung angeordnet werden, beispielsweise wenn sich Kinder und Eltern total entfremdet haben. Ist aber bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung absehbar, dass im Anschluss an die Umgangsbegleitung unbegleitete Umgänge in Betracht kommen, sind die Begleittermine zu befristen. Zudem ist eine Anschlussregel hinsichtlich des unbegleiteten Umgangs zu treffen. Andernfalls würde nur eine Teilentscheidung getroffen werden, was in Umgangssachen aber nicht zulässig ist. Sollte sich die der Entscheidung zugrundeliegende Prognose - unbegleitete wöchentliche Umgänge ohne Übernachtung - als falsch erweisen, steht den Eltern dann immer noch ein Abänderungsverfahren offen.
Hinweis: Wer eine dauerhafte Begleitung erreichen möchte, muss eine konkrete Kindeswohlgefährdung vortragen können. Ist dies nicht glaubhaft möglich, wird eine Begleitung stets nur befristet angeordnet.
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(aus: Ausgabe 10/2025)
Wird der Umgang gerichtlich geregelt, haben die Verfahrensbeteiligten ein Akteneinsichtsrecht. Ist das Umgangsverfahren allerdings abgeschlossen, besteht das Recht auf Akteneinsicht nur, wenn von dem jeweiligen Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der Einsicht dargelegt und glaubhaft gemacht wird. Auf eine derartige Begründung einer Mutter zählte im Folgenden auch das Amtsgericht Hof (AG).
Die Eltern eines 2018 geborenen Kindes haben sich scheiden lassen. Der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes ist bei der Kindsmutter. Der beauftragte Sachverständige im Umgangsverfahren hatte telefonisch mitgeteilt, dass er den Umgangsausschluss des Vater empfehle. Das AG hat daraufhin im Wege der einstweiligen Anordnung den Umgang des Kindsvaters mit dem Kind unter Anordnung von Schutzmaßnahmen ausgesetzt. Dieser Beschluss wurde der Kindsmutter zugestellt. Erst nach Abschluss des Verfahrens hat der Anwalt der Mutter die Akteneinsicht beantragt. Das Gericht wies ihn jedoch darauf hin, dass das Verfahren abgeschlossen sei und er dementsprechend ein berechtigtes Interesse darlegen müsse. Der Anwalt tat dies nicht - der Antrag auf Akteneinsicht wurde abgelehnt.
Ohne berechtigtes Interesse keine Akteneinsicht - so könnte man die Entscheidung des AG salopp zusammenfassen. Sobald ein Verfahren abgeschlossen ist, muss ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht vorgetragen werden. Ein solches berechtigtes Interesse liegt etwa dann vor, wenn Rechte des Antragstellers durch den Streitstoff der Akten berührt werden können und die Kenntnis über den Akteninhalt zur Verfolgung von Rechten oder zur Abwehr von Ansprüchen erforderlich ist. Da hier nichts Derartiges vorgetragen wurde, musste der Antrag abgelehnt werden.
Hinweis: Das berechtigte Interesse des Beteiligten eines abgeschlossenen Verfahrens an der Akteneinsicht wird von den Gerichten meist bejaht und die Akteneinsicht gewährt. Wichtig ist, dass ein Interesse wenigstens benannt wird. Hohe Anforderungen werden hier nicht gestellt. Wenn wie hier gar nichts vorgetragen wird, wird der Antrag abgelehnt. Machen Sie sich also die Mühe und benennen Sie ein Interesse oder prüfen Sie, ob Ihr Rechtsbeistand das getan hat!
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(aus: Ausgabe 10/2025)
Da irren menschlich ist, kommen auch bei Gericht Zahlendreher vor oder wird ein Name falsch geschrieben. Sind diese Fehler offensichtlich, kann man sie schnell und unbürokratisch berichtigen. Gibt es aber Fehler, über die man nicht einfach hinwegsehen kann, um sie "eins, fix, drei" zu korrigieren, machen diese einen gerichtlichen Beschluss schnell unwirksam. Ob auch in diesem Fall das Verfahren neu aufgerollt werden musste, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG).
Ein Jugendamt klagte auf Festsetzung einer Unterhaltsverpflichtung für ein Kind, das bei seinem Vater lebte, der somit auch das Kindergeld bezog. Der Antrag des Jugendamts richtete sich gegen die Mutter. Das Gericht setzte aber aus unerfindlichen Gründen auf die klassische Rollenverteilung und den Unterhalt daher gegen den Vater statt gegen die Mutter fest und stellte diesen Beschluss auch nur an ihn zu. Der Vater staunte da natürlich nicht schlecht. Die daraufhin erfolgte Bitte des Jugendamts um Korrektur sah eine Rechtspflegerin ganz pragmatisch und tauschte schlicht und ergreifend den Vater gegen die Mutter aus - nur namentlich, versteht sich. Dagegen wandte sich dann jedoch die Mutter im Wege der Rechtsbeschwerde an das OLG. In einem Berichtigungsbeschluss können Verfahrensbeteiligte nicht einfach ausgetauscht werden. Der ursprüngliche Beschluss sei ihr auch niemals zugestellt worden.
Und sie behielt Recht. Schon der erste Beschluss an den Vater sei wirkungslos gewesen, da gegen diesen gar kein Verfahren rechtshängig war - das Jugendamt hatte sich schließlich gegen die Mutter gerichtet. Dieser wurde der Beschluss aber nie zugestellt. Diese Zustellung ist für den Unterhaltsfestsetzungsantrag aber eine notwendige Voraussetzung für die Rechtshängigkeit. Auch die später gegen die Mutter ergangene Entscheidung ist wirkungslos. Die Grenzen einer möglichen Berichtigung sind hier überschritten worden. Hier wurden keine Fehler korrigiert, sondern Personen ausgetauscht. Eine (rechtlich) unbeteiligte Person hat man so zur Verfahrensbeteiligten gemacht. Daher sei nun eine Fortsetzung des Verfahrens erforderlich. Mit dieser Begründung verfügte das OLG die Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.
Hinweis: Auch Fehler im Namen einer Person können verbessert werden, solange klar bleibt, dass es sich um dieselbe Person handelt. Verwechselt das Gericht aber Personen, dann muss es den Fall neu aufrollen, eventuell Prozesshandlungen nachholen. Es kann nicht einfach Entscheidungen "umschreiben".
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(aus: Ausgabe 10/2025)
Manchmal müssen Tiere aus Tierschutzgründen in Obhut genommen werden. Wenn dies angeblich einem behördlichen Irrtum unterliegt, darf das nicht nur behauptet, sondern muss auch bewiesen werden. Denn dass auch bei Tieren der Eigentumsnachweis unerlässlich ist, beweist dieser Fall des Landgerichts Nürnberg-Fürth (LG) eindringlich.
Eine Behörde nahm im März 2022 aus dem Haus eines Mannes drei Katzen in Gewahrsam und übergab sie an ein Tierheim. Hintergrund war, dass im Haus eine Frau lebte, die aus Tierschutzgründen keine Katzen halten durfte. Bei einer Kontrolle wurden die Katzen und ihre Utensilien wie Katzentoiletten, Futternäpfe, Kratzbaum, Medikamente, Transportboxen und Tierarztrechnungen im Stockwerk eben dieser Frau gefunden. Der Mann gab dennoch an, Eigentümer der Katzen zu sein, konnte aber die Namen und den Gesundheitszustand der Tiere nur schwerlich angeben sowie lediglich vage Angaben zum Erwerb machen. Er ließ es sich dennoch nicht nehmen, gegen das Tierheim auf Herausgabe der Katzen zu klagen.
Das Amtsgericht wies die Klage ab, weil der Mann keinen Eigentumsnachweis erbringen konnte. Auch die Aussagen der Mitbewohnerin überzeugten das Gericht nicht. Gegen das Urteil legte der Mann Berufung ein, zog diese jedoch nach einem Hinweis des LG zurück. Damit wurde das Urteil rechtskräftig. Eine Prüfung des Urteils zeigte, dass die Katzen der Mitbewohnerin gehörten und nicht dem Kläger. Da keine schriftlichen Nachweise oder konkreten Angaben zum Erwerb vorlagen, konnte der Mann seine Eigentümerstellung nicht beweisen. Zudem war das Eigentum an den Katzen durch die behördliche Anordnung zur Veräußerung erloschen. Nach dem Tierschutzgesetz überträgt eine solche Anordnung die rechtliche Befugnis auf die Behörde, der frühere Halter muss die Maßnahme dulden.
Hinweis: Wer Tiere besitzt, sollte Kaufbelege, Verträge oder konkrete Angaben zum Erwerb aufbewahren. Ohne Nachweise können Behörden Tiere in Obhut nehmen. Eine Duldungspflicht entsteht, wenn eine behördliche Anordnung zur Weitergabe erfolgt.
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(aus: Ausgabe 10/2025)
Die Liebe verhält sich wie das Leben selbst bekanntermaßen unberechenbar. Wer sich in einem Onlineportal registriert hat, um die Liebe des Lebens zu finden, ist nicht davor gefeit, leer auszugehen oder gar doch schon schneller als erwartet von Amors Pfeil getroffen zu werden. Doch was dann? Vor kurzem hat sich sogar der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage beschäftigt, ob Kunden eines Onlinepartnervermittlungsportals jederzeit kündigen können.
Die Beklagte betreibt ein Partnerportal, bei dem Nutzer zwischen einer kostenlosen Basismitgliedschaft und einer kostenpflichtigen Premiummitgliedschaft wählen konnten. Bei der Premiummitgliedschaft werden Verträge mit Erstlaufzeiten von sechs Monaten (479,40 EUR; 79,90 EUR monatlich), zwölf Monaten (790,80 EUR; 65,90 EUR monatlich) oder 24 Monaten (1.101,60 EUR; 45,90 EUR monatlich) angeboten. Werde nicht rechtzeitig gekündigt, verlängere sich der Vertrag automatisch - und zwar um ganze zwölf Monate. Eine Verbraucherschutzorganisation klagte gegen diese Klauseln. Das Oberlandesgericht Hamburg (OLG) entschied in dieser Sache, dass Kunden nicht jederzeit kündigen können und die Vertragsverlängerung bei 24-monatigen Verträgen durchaus zulässig sei. Bei den sechs- und zwölfmonatigen Verträgen sah das OLG hingegen die Verlängerungsklauseln als unwirksam an. Beide Parteien legten Revision beim BGH ein.
Der BGH bestätigte, dass das Kündigungsrecht nach § 627 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hier nicht gelte, weil die Leistung der Plattform überwiegend aus einer Onlinedatenbank besteht und die Partnersuche automatisiert abläuft. Eine Pauschalregelung für ein jederzeitiges Kündigungsrecht setze eine persönliche Beziehung voraus, und eben diese bestand hier nicht. Die Vertragsverlängerung bei sechsmonatigen Verträgen benachteiligte die Kunden hingegen unangemessen, weil die Verlängerung die Kunden mit Kosten von gut 791 EUR statt einst knapp 480 EUR gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB finanziell benachteiligte. Bei den Premiummodellen mit den Vertragslaufzeiten von zwölf und 24 Monaten sah der BGH jedoch keine unangemessene Benachteiligung.
Hinweis: Onlineverträge können spezielle Kündigungsregeln enthalten. Wer unsicher ist, sollte die AGB genau prüfen und Kündigungsfristen beachten. Automatisierte Leistungen begründen kein jederzeitiges Kündigungsrecht.
Quellen: BGH, Urt. v. 17.07.2025 - III ZR 388/23
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(aus: Ausgabe 10/2025)
Sicher erscheint es recht früh, gut einen Monat vor Antritt wegen eines bereits eingetretenen Unwetters von der geplanten Reise zurückzutreten - aber nur auf den ersten Blick. Das Landgericht Frankfurt am Main (LG) hat sich nämlich eingehender damit beschäftigt, wie sich Auswirkungen schwerer Unwetter auf die erwartete Erholung und das Recht auf Vertragsrücktritt niederschlagen.
Ein Mann hatte eine Pauschalreise nach Norditalien gebucht, die vom 12.06. bis 19.06.2023 stattfinden sollte. Knapp einen Monat zuvor, genauer gesagt am 16.05.2023, kam es in der Region Bologna jedoch zu heftigen Unwettern mit Überschwemmungen, Erdrutschen und sogar Todesopfern. Straßen waren blockiert, Strände geschlossen, Bakterienverseuchung im Meer und die Gefahr einer Mückenplage bestanden. Daher trat der Reisende am Tag danach vom Vertrag zurück und forderte den bereits gezahlten Reisepreis von rund 2.400 EUR ebenso zurück. Das Amtsgericht gab seiner Klage statt.
Der Reiseveranstalter legte Berufung ein, doch das LG bestätigte die Entscheidung. Das Urteil wurde rechtskräftig. Laut Gericht muss der Reisende keine Rücktrittsentschädigung zahlen, weil außergewöhnliche Umstände die Reise erheblich beeinträchtigten. Entscheidend war, dass bei der Rücktrittserklärung aufgrund der Prognose klar abzusehen war, dass die Gefahren bis zum Reisebeginn weiterhin bestehen werden. Das Risiko, dass ein Reisender vorschnell zurücktrete, bestehe zwar grundsätzlich, doch hier war die Wahrscheinlichkeit für eine erhebliche Beeinträchtigung hoch. Schäden an Straßen, Gebäuden, die Bakterienbelastung des Wassers und mögliche Krankheiten machten eine Reise risikoreich. Dass die Reise später mit anderen Teilnehmern planmäßig stattfand, spielte dabei für das Gericht keine Rolle.
Hinweis: Bei extremen Naturereignissen in der Nähe des Reiseziels können Reisende ohne Entschädigung vom Vertrag zurücktreten. Vorher sollten sie die Situation sorgfältig prüfen. Rücktrittsrechte gelten nur, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung wahrscheinlich ist.
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(aus: Ausgabe 10/2025)
Wer nicht fragt, bekommt auch keine Antworten. So einfach könnte der Kern des folgenden Falls vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) zusammengefasst werden. Doch bevor dieses zu seinem Urteil kam, musste es sich mit der Frage beschäftigen, unter welchen Bedingungen ein Versicherer nach einem telefonischen Antrag vom Vertrag zurücktreten bzw. diesen anfechten kann, und unter welchen er zur Zahlung verpflichtet ist.
Beim sogenannten Teleunderwriting einer telefonischen Risikoprüfung handelt es sich um einen vertraulichen und effizienten Service, der es Lebensversicherungsgesellschaften ermöglicht, die persönlichen Gesundheitsfragen in einem Antrag telefonisch mit einem ausgebildeten medizinischen Risikoprüfer zu beantworten. So war es auch in diesem Fall. Ein in Mexiko geborener Mann, der in Deutschland lebte, beantragte 2012 telefonisch eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Er selbst sprach Spanisch, sein Lebensgefährte übersetzte seinerzeit ins Englische. Der Versicherungsmitarbeiter füllte den Antrag aus und kreuzte bei allen Gesundheitsfragen "nein" an, obwohl der Mann zuvor wegen Rückenproblemen, Depressionen und später auch wegen einer Daumengelenksarthrose ärztlich behandelt worden war. Kurz nach dem Telefonat lag der vorausgefüllte Antrag im Briefkasten, der Mann unterschrieb. Als er fünf Jahre später Berufsunfähigkeit anmeldete, lehnte die Versicherung die Zahlung jedoch ab und erklärte den Rücktritt vom Vertrag wegen angeblich falscher Angaben. Der Mann erklärte, er habe nichts verschwiegen und sei davon ausgegangen, dass nur aktuelle schwere Erkrankungen gemeint seien.
Das Landgericht stellte fest, dass die Versicherung weiterhin Bestand habe, und verurteilte den Versicherer zur Zahlung der Leistungen. Das OLG bestätigte diese Entscheidung und begründete dies damit, dass die Versicherung nicht wirksam vom Vertrag zurücktreten oder diesen anfechten konnte. Für einen Rücktritt müssen die Fragen während des Telefonats korrekt und verständlich vorgelesen werden, damit der Antragsteller sie sicher zur Kenntnis nimmt. Dies konnte die Versicherung in diesem Fall nicht nachweisen. Und auch eine Täuschungsanfechtung scheiterte, weil nicht nachgewiesen werden konnte, dass der Mann absichtlich falsche Angaben gemacht hatte. Es reichte nicht aus, seine Angaben einfach zu bestreiten; die Versicherung musste einen eindeutigen Beweis vorlegen, was sie nicht konnte.
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(aus: Ausgabe 10/2025)
Hier steht ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) ausnahmsweise mal am Beginn des Falls. Denn der BGH traf bereits eine Entscheidung zur Unwirksamkeit einer Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer Bank. Ein Verbraucherverein war damit jedoch noch nicht zufrieden, sondern verlangte, dass diese Änderung der AGB auch den betreffenden Bankkunden direkt mitgeteilt werde - und damit kamen hier zuerst das Landgericht (LG) und schließlich das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) ins Spiel.
Eine Bank hatte in ihren AGB eine Klausel aufgeführt, nach der Kunden für Spareinlagen über einem bestimmten Freibetrag ein sogenanntes Verwahr- und Guthabenentgelt zahlen sollten. Diese Klausel hatte der BGH allerdings bereits für unwirksam erklärt. Das zuständige LG verurteilte die Bank auf Klage eines Verbraucherschutzvereins hin dazu, ihre davon betroffenen Kunden innerhalb von vier Wochen individuell über die Unwirksamkeit der Klausel zu informieren.
Auf die Berufung der Bank bestätigte das OLG diese Verpflichtung. Die Bank hatte durch die unwirksame Klausel eine unzulässige Handlung vorgenommen, bei der bei den Kunden der Eindruck entstand, dass das Verwahrentgelt rechtmäßig sei. Diese Fehlvorstellung verschwand nun aber nicht automatisch durch die gerichtliche Entscheidung. Deshalb müsse die Bank die Kunden direkt informieren - entweder per Post oder per E-Mail. Dabei dürfen nur die Kunden angeschrieben werden, deren Verträge die strittige Klausel enthielten und die klassische unbefristete Spareinlagen unterhielten. Erst diese direkte Information stelle sicher, dass die Kunden die Nachricht auch tatsächlich wahrnähmen, was besonders für ältere Kunden wichtig sei, die im Onlinebanking nicht so sattelfest sind. Die Bank habe daher nach Erhalt der Liste mit betroffenen Kunden zwei Monate Zeit, die individualisierten Schreiben zu versenden.
Hinweis: Banken müssen Kunden aktiv informieren, wenn AGB-Klauseln unwirksam sind. Ein bloßes Einstellen der Information auf der Website reicht nicht aus. Auch ältere Kunden sollen so direkt erreicht werden.
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(aus: Ausgabe 10/2025)